Deutsche Friedensgesellschaft - Vereinigte KriegsdienstgegnerInnen Mainz-Wiesbaden

Die Stadt gehört auch den Wohnungslosen

Lesung mit Jürgen Malyssek

Montag, 12. Dezember 2011, 19 Uhr

Antiquariat am Ballplatz, Ballplatz 5b, Mainz

Gedenken und Gedanken zum  31. Todestag von Erwin Tinz

Die Vorgeschichte des Menschen Erwin T. ist weitgehend unbekannt. In seiner Wahlheimat Mainz lebte er als wohnungsloser Nomade im städtischen Raum. Sein angestammter Platz war vor dem Mainzer Theater. In kalten Nächten legte sich Erwin auf den warmen Abluftschächten zum Schlafen. Vielen Mainzern war er als Charakter eine bekannte Persönlichkeit. Er hatte keine Berührungsängste, legte seinen Mitmenschen gegenüber eine offene und kommunikative Art an den Tag und versteckte seine Armut nicht. Im Grunde war Erwin eine tägliche Herausforderung an das solidarische Sozialverhalten seiner Mitmenschen.

Am Donnerstagnachmittag des 11. Dezember 1980  wurde Erwin von der Mainzer Polizei abgeholt. Seine Krücke und sein Einkaufswagen mit seinem spärlichen Hab und Gut blieben vor dem Theater zurück. Die Polizei fuhr Erwin weit über die Stadtgrenze hinaus, bis nach Nackenheim. Das Gerichtsverfahren gegen drei Polizisten endete nach zwei Instanzen mit Geldstrafen von je 40 Tagessätzen wegen Freiheitsberaubung. Das Gericht verneinte die Kausalität zwischen der unmenschlichen Handlungsweise der Polizisten und dem Tod unseres Mitbürgers Erwin Tinz! 

Auf einem Nackenheimer Weinbergweg wurde er am nächsten Morgen tot aufgefunden. Erwin Tinz wurde Opfer einer Vertreibungspraxis, die bis heute überall im städtischen Raum zu beobachten ist. Das städtische Leben ist anscheinend nur noch auf Konsum und Kommerz getrimmt. Unangepasstes Verhalten wird bestraft, und missliebige sozial benachteiligte Personen werden vertrieben, ausgegrenzt und stigmatisiert.

Warum ist kein Platz für Menschen wie Erwin Tinz in unserer gesellschaftlichen Mitte?

Darüber müssen wir nachdenken und miteinander sprechen. Wir müssen Position zu Ausgrenzung und Stigmatisierung im öffentlichen Raum beziehen!

Das Buch:

Jürgen Malyssek & Klaus Störch:
Wohnungslose Menschen. Ausgrenzung und Stigmatisierung.
Lambertus Verlag, Freiburg 2009. 160 Seiten. ISBN 978-3-7841-1867-3. 22 €

Dieses Buch unternimmt den Versuch, den wohnungslosen Menschen angesichts des beschleunigten sozialen Wandels in seinen unterschiedlichen Erscheinungsformen wahrzunehmen, zu beschreiben und kritische Überlegungen darüber anzustellen, welchen Zumutungen und Leiden sie in ihrer Lebenswirklichkeit ausgesetzt sind. Die Wohnungslosen werden Penner, Stadtstreicher oder Berber genannt und oft als Säufer und Schmarotzer von der Öffentlichkeit sind. Die Wohnungslosen werden Penner, Stadtstreicher oder Berber genannt und oft als Säufer und Schmarotzer von der Öffentlichkeit verachtet und ausgegrenzt. 

Der Autor:  Jürgen Malyssek, Jg. 1945, gelernter Industriekaufmann und Schriftsetzer, war nach seinem Studium Sozialwesen in Wiesbaden von 1980 bis 2005 Sozialarbeiter und Fachreferent in der Wohnungslosenhilfe in Mainz (Heinrich-Egli-Haus) und Limburg (Caritasverband). Das Buch hat er zusammen mit Klaus Störch (Caritas Main-Taunus) geschrieben. Erschienen im Juli 2009.

 

Veranstalter: ARAK - Antirassistischer Arbeitskreis Mainz

Die Veranstaltung wird unterstützt von:

  • Deutsche Friedensgesellschaft - Vereinigte KriegsdienstgegnerInnen (DFG-VK)  Mainz
  • Jenny-Marx-Gesellschaft für politische Bildung e.V. - Rosa-Luxemburg-Stiftung RLP
  • Landeserwerbslosenkonferenz Rheinland-Pfalz (LEK)
  • Linke Hilfe Mainz e.V.
  • Haus Mainusch
  • Verein Armut und Gesundheit e.V.

<link aktuell gedaechtnisstuetze external-link-new-window external link in new>Gedächtnisstütze: Bericht von der Gedenk-Kundgebung zum 30. Todestag von Erwin Tinz am 11. Dezember 2010

<link aktuell zum-30-todestag-von-erwin-tinz external-link-new-window external link in new>Gedenken und Gedanken zum 30. Todestag von Erwin Tinz. Installation und Begegnung vor der Alten Universität in Mainz, 11. Dezember 2010

 

 

 

Letztes Update: 23.11.2011, 17:04 Uhr