Deutsche Friedensgesellschaft - Vereinigte KriegsdienstgegnerInnen Mainz-Wiesbaden

Bilder von Petra

Artikel und Kommentar in der AZ (4.8.2010)

Protest gegen Bundeswehrwerbung im Ferienkartenprogramm für Kinder

Im Rahmen des Ferienkartenprogramms der Stadt Mainz für Kinder wurde auch eine Führung durch die Kurmainz-Kaserne angeboten. Gegen dieses Werben fürs Sterben hatte die Linkspartei eine Protestkundgebung am 3. August vor der Kaserne organisiert, an der sich auch Aktive der DFG-VK und der Tierschutzpartei beteiligten.

Siehe dazu Bilder von der Kundgebung sowie Bericht und Kommentar aus der Allgemeinen Zeitung.

Im Vorfeld hatte die Fraktion der LINKEN im Stadtrat beantragt, den Kasernenbesuch aus dem Kinderprogramm zu streichen, doch der Antrag wurde als unzulässig eingestuft.

Dass Sozialdezernent Merkator (SPD) persönlich durch die Kaserne führte, belegt das politische Gewicht, das dieser Werbung für Militär und Krieg beigemessen wird.

Merkator behauptet, die Bundeswehr sei ein „ganz normaler Arbeitgeber“. Demnach hält es Merkator für normal,

  • dass ein Arbeitgeber zum Töten und Getötet-Werden ausbildet,
  • dass ein Arbeitgeber den für ihn Tätigen Tod, Verstümmelung und Traumatisierung zumutet und ihnen wichtige Menschen- und Grundrechte, darunter das Recht auf Leben, vorenthält,
  • dass ein Arbeitgeber sein Personal zwangsrekrutiert und Unwillige mit Gewissensprüfungen und Strafverfolgung bis hin zu fünf Jahren Gefängnis verfolgt,
  • dass ein Arbeitgeber sein Personal routinemäßig misshandelt und in Arrestzellen inhaftiert?

Das sind äußerst bedenkliche Ansichten, vor allem für einen Sozialdemokraten, dem zumindest historisch ein gewisses Verständnis für Arbeitnehmerrechte zugetraut hätte werden können.

Der Verweis auf die Verfassung ist zweifach unangebracht. Solange Staaten den organisierten Massenmord namens Krieg organisieren, werden sie dieses Treiben selbstverständlich rechtlich legitimieren. Aber selbst das schafft die Bundesrepublik Deutschland nicht. Ihre Verfassung verbietet eindeutig den Angriffskrieg, doch die von der Partei Merkators geführte Bundesregierung unter Schröder führte einen solchen gegen Jugoslawien. Seit diesem Präzedenzfall ist der völkerrechtswidrige Angriffskrieg ohne UN-Mandat ganz offiziell eine Option der NATO-Strategie geworden.

Ein Jugendamt, das Kinder nicht vor dem Arbeitgeber Bundeswehr warnt, sondern die Weichen dafür stellt, dass die vom Jugendamt betreuten Kinder später in Krieg und Tod geschickt werden, handelt unverantwortlich.

Erfreulich ist, dass infolge des Protests die Hälfte der Eltern die Anmeldungen zurückgenommen hat. Offenbar hat die Infragestellung der Werbung fürs Sterben doch Bedenken ausgelöst. Politischer Protest kann unmittelbar etwas bewirken!

Ein politisches Armutszeugnis ist der Kommentar der AZ. Pazifistinnen und Pazifisten wissen aus Erfahrung, dass Parteien an sich nicht dauerhaft friedliebend oder antimilitaristisch sind und dass es immer nur thematisch punktuelle und zeitlich begrenzte Übereinstimmungen mit Parteien geben kann. In den 50er Jahren lehnte die SPD kurzfristig die Remilitarisierung Westdeutschlands ab, um sich dann zu ihr zu bekennen. Später wirkte mit der DKP eine Partei auf die Friedensbewegung ein, die sich nur gegen westlichen Militarismus und Imperialismus wandte, jedoch den Militarismus und die Menschenrechtsverletzungen des Sowjetblocks rechtfertigte. Die Grünen gaben sich als Partei der Gewaltfreiheit und des Friedens und wurden zur olivgrünen Kriegspartei.

Pazifistinnen und Pazifisten, vor allem diejenigen, die Militarismus und Gräueltaten des Sowjetimperialismus und den Afghanistan-Krieg ablehnten, als jetzige Politiker und Mitglieder der Linkspartei dies alles noch befürworteten, und die – wie Aktive der DFG-VK Mainz – vom parteieigenen Geheimdienst der SED, einer der Vorgängerparteien der LINKEN bespitzelt wurden, haben allen Grund die heutigen Friedensbekundungen der LINKEN skeptisch zu sehen.

Aber wenn der Kommentator der AZ der LINKEN den DDR-Militarismus und die Mauermorde ankreidet, ist das nur schäbige Aufrechnerei. Er versucht Krieg, Militär und Werbung für Krieg heute damit zu rechtfertigen, dass andere diesbezüglich eine unrühmliche Vergangenheit haben, in der sie massenhaft gemordet und Menschenrechte verletzt haben. Aus pazifistischer Sicht ein kleinlicher Streit, aber keine überzeugende Argumentation.

Letztes Update: 12.03.2011, 21:10 Uhr