Deutsche Friedensgesellschaft - Vereinigte KriegsdienstgegnerInnen Mainz-Wiesbaden

Gedenken und Gedanken zum 35. Todestag von Erwin Tinz

Gedenken am Freitag, den 11. Dezember 2015, dem 35. Jahrestag des Todestags von Erwin Tinz,
von 14 bis 17 Uhr, in Mainz

ab 14 Uhr vor der Alten Universität (Alte Universitätsstr.),
ab  ca. 15:30/16 Uhr bis 17:00 Uhr auf dem Gutenbergplatz.

 

Wir gedenken unseres Mitbürgers  Erwin Tinz.

Die Vorgeschichte des Menschen Erwin Tinz ist weitgehend unbekannt. In seiner Wahlheimat Mainz lebte er als wohnungsloser Nomade im städtischen Raum. Sein angestammter Platz war vor dem Mainzer Theater. In kalten Nächten legte sich Erwin auf den warmen Abluftschächten eines  benachbarten Kaufhauses zum Schlafen. Als Charakter war Erwin vielen Mainzern eine bekannte Persönlichkeit. Er hatte keine Berührungsängste, sondern legte seinen Mitmenschen gegenüber eine durchaus offene und kommunikative Art an den Tag. Erwin ergänzte durch seine Präsenz das Stadtbild um einen wichtigen Aspekt. Er versteckte seine Armut nicht. Er war im Grunde eine tägliche Herausforderung an das solidarische Sozialverhalten seiner Mitmenschen.

Am Donnerstagnachmittag des 11. Dezember 1980, wurde Erwin von der Mainzer Polizei abgeholt. Seine Krücken und sein Einkaufswagen mit seinem spärlichen Hab und Gut blieben vor dem Theater zurück. Die Polizei fuhr Erwin weit über die Stadtgrenze hinaus, bis nach Nackenheim.

Auf einem Nackenheimer Weinbergsweg wurde er am nächsten Morgen tot aufgefunden. Viel zu früh, im Alter von 57 Jahren, ist er gestorben.

Es tun sich Widersprüche in dieser Geschichte auf. Einerseits, das fröhlich-familiär gestimmte bunte Treiben auf dem Weihnachtsmarkt. Andererseits das einsame isolierte Leid und Sterben eines Mitbürgers.

Zu diesem Vorgang gibt es viele Fragen:
Warum wurde Erwin Tinz abgeholt?
Warum wurde Erwin Tinz im städtischen Raum nicht geduldet?
Warum brachte man ihn so weit weg, bis über die Stadtgrenzen hinaus?

Das Gerichtsverfahren endete nach zwei Instanzen mit Geldstrafen gegen drei Polizisten von je 40 Tagessätzen wegen Freiheitsberaubung. Das Gericht verneinte die Kausalität zwischen der unmenschlichen Handlungsweise der Polizisten und dem Tod unseres Mitbürgers Erwin Tinz.

Erwin Tinz wurde Opfer einer Vertreibungspraxis, die weltweit im städtischen Raum zu beobachten ist.

Vielfach wird das städtische Leben bloß noch auf Warenkonsum, der  Erbringung von Lohnarbeit und kommerzialisiertem Tourismus ausgerichtet. Unangepasstes Verhalten wird bestraft. Dies trifft aber nicht nur auf wohnungslose Menschen zu, sondern auf alle Menschen, die sich nicht allein durch das erwünschte verwalterische Raster der Regierenden erfassen lassen.

Warum scheint kein Platz für Menschen wie Erwin Tinz in unserer gesellschaftlichen Mitte da zu sein?

Obwohl doch alle EinwohnerInnen diesen sozialen Platz des öffentlichen Raums selbstbestimmt mitgestalten können?

Nicht konsequent zu Ende gedachte und unverantwortliche Übergriffe der Polizei stoßen die Tür auf, für Gewalt durch Neonazis gegenüber Obdachlosen und anderen schwachen Minderheiten.

Wir können etwas tun.
Lasst uns nachdenken und miteinander diskutieren.

  • ARAK - Antirassistischer Arbeitskreis Mainz
  • Deutsche Friedensgesellschaft - Vereinigte KriegsdienstgegnerInnen (DFG-VK) Mainz
  • Jenny-Marx-Club Mainz
  • Linke Hilfe Mainz

Flugblatt als pdf

Gedächtnisstütze: Bericht über die Gedenk-Kundgebung zum 30. Todestag von Erwin Tinz, 11.12.2010

Gedenken zum 30. Todestag, 11.12.2010

 

 



Letztes Update: 08.12.2015, 17:57 Uhr