Deutsche Friedensgesellschaft - Vereinigte KriegsdienstgegnerInnen Mainz-Wiesbaden

9. Perspektiven für eine zivile Lösung

Der erste Schritt für eine zivile, diplomatische Lösung des gegenwärtigen Streites um das iranische Atomprogramm bestünde im Anerkennen des atomaren Ungleichgewichtes in der Region Naher und Mittlerer Osten durch die USA und die EU. Zur Beseitigung dieser grundlegenden Konfliktursache wäre die Einberufung einer Konferenz für Sicherheit und Zusammenarbeit im Mittleren und Nahen Osten (KSZMNO) geeignet, die auf eine ABC-waffenfreie Zone von Israel bis Indien hinarbeiten könnte. Forderungen nach der Umsetzung einer solchen ABC-waffenfreien Zone finden sich bereits in mehreren UN-Resolutionen bezüglich Iraks, wurden allerdings bisher noch nie ernsthaft aufgegriffen.

Vertrauensbildung und Konfliktkontrolle lauten zwei Stichworte, die Volker Perthes mit Inhalt füllt: "Denkbar wären verschiedene `runde Tische´, etwa zur wirtschaftlichen Zusammenarbeit, zur Zusammenarbeit im Katastrophenfall (Seenotrettung, Frühwarnung bei Ölhavarien etc.), zur Koordinierung von Maßnahmen zur Bekämpfung organisierter Kriminalität (insbesondere Waffenund Drogenschmuggel) und vor allem zur Diskussion von Fragen der Grenzsicherheit und Terrorismusbekämpfung und zur Koordination geeigneter Schritte. Aus solchen Foren könnte sich mit der Zeit ein grundlegender Mechanismus regionaler Zusammenarbeit entwickeln" (13).

Zur kurzfristigen Entschärfung des Konfliktes würde ein umfassendes Hilfsprogramm beitragen, an dem Iran aufgrund seiner ökonomisch desaströsen Situation größtes Interesse hat. Ein Verzicht auf die Herstellung angereicherten Urans

zur Waffenherstellung könnte dann wahrscheinlicher werden, wenn die US-Regierung zusammen mit der EU in diplomatische Verhandlungen treten würde. Im Gegenzug zum atomaren Waffenverzicht Teherans könnten die USA und die EU eine umfassende Sicherheitsgarantie für Iran abgeben, die Aufnahme diplomatischer Beziehungen anbieten und das Embargo aufheben. Die Mullahs als eigentliche Machthaber im Iran sind an einem Aufbrechen der zunehmenden Isolation des Landes und seiner US-Umzingelung ebenso interessiert wie an einer raschen Verbesserung der wirtschaftlichen Lage, insbesondere auch an einer - von der USRegierung bekämpften - Aufnahme Irans in die WTO.

"Je stärker sich die USA politisch und diplomatisch engagieren, desto größer sind auch unsere Erfolgsaussichten" stellte Bundesaußenminister Joschka Fischer fest - und fügte den hoffnungsvollen Satz hinzu: "Es besteht eine reale Chance, den Konflikt auf dem Verhandlungsweg zu lösen" (zit. nach: Der Spiegel, 24.1.2005). Anknüpfungspunkte lassen sich in den USA genügend finden: "Derweil machen sich unter den Experten Anhänger einer Verhandlungslösung immer lauter bemerkbar. Angesehene Denkfabriken wie der Council of Foreign Relations, das Center for Strategic und International Studies, die CarnegieStiftung oder die Brookings Institutions, die den iranischen Machenschaften gewiss nicht naiv gegenüber stehen, rufen ihre Regierung zu einem Kurswechsel auf. Wie ein roter Faden zieht sich durch ihre Vorschläge die Auffassung, dass die USA ihr Abseitsstehen aufgeben und gemeinsam mit Europa Iran zu einer Verhandlungslösung drängen sollten", berichtete die Neue Zürcher Zeitung am 17.12.2004. US-Vizeaußenminister Armitage nannte das Gerede über einen chirurgischen Militärschlag gegen Iran unverantwortlich.

Ohne umfassenden Druck aus den USA und der internationalen Friedensbewegung weltweit wird sich die US-Regierung, die Militärschläge als ernst zu nehmende Option ansieht, wohl kaum von ihrem Konfrontationskurs gegenüber Iran abbringen lassen.

Letztes Update: 03.11.2007, 13:06 Uhr