Deutsche Friedensgesellschaft - Vereinigte KriegsdienstgegnerInnen Mainz-Wiesbaden

Flyer als PDF

Donnerstag. 9. März 2006, 19:30 Uhr
Matthäussaal der Christuskirchengemeinde,
Kaiserstr. 56, links hinter der Christuskirche, Mainz

Lesung mit Wolfgang Sternstein - Nachlese

"Mein Weg zwischen Gewalt und Gewaltfreiheit"

Leider fanden sich zur Lesung mit Filmvorführung mit Wolfgang Sternstein nur knapp 15 Gäste ein, die auch meist ausschließlich der Friedensbewegung zugehörig waren.

Sternstein las Passagen seiner Autobiographie vor, die für die TeilnehmerInnen interessante Aspekte friedenspolitischer Arbeit beleuchteten.

So las er das Kapitel über seine Kriegsdienstverweigerung vor, die damals noch ein mündliches Verfahren war. Sternstein hat die Verhandlung mit dem Hinweis eröffnet, er würde gerne Auskunft darüber geben, warum er denn nicht zum Militär wolle, wenn die Herren der Bundeswehr ihre Gewissensgründe darlegen würden, warum sie denn den Kriegsdienst verrichten würden.

Dazu waren die Herren nicht bereit. Die üblichen Fragen wurden dann in schneller Geschwindigkeit durchgehechelt, die Verhandlung dauerte nicht lange. Er wurde anerkannt, ohne dass das damals übliche Kreuzverhör durchgeführt wurde. Sternstein sieht die Art und Weise, wie diese Verhandlung abgelaufen ist, darin begründet, dass er sie bereits bei der Eröffnung überrascht hat.

Desweiteren berichtete Sternstein über gewaltfreie Aktionen, an denen er teilgenommen hatte. So drang er mit mehreren Friedensaktivisten insgesamt 10 Mal in den Atomwaffenstandort Büchel ein. In Büchel befinden sich wahrscheinlich heute noch 10 Atombomben mit der jeweils achtfachen Sprengkraft der Hiroshima-Bombe. Dazu durchschnitten sie den Zaun und betraten das Gelände.

Damit wollten die Aktivisten zeigen, wie leicht das Eindringen auf das Gelände war. Ihnen gelang es auch, nachdem sie im Vorfeld den ungefähren Termin in der Presse ankündigten.

Sternstein berichtete stolz davon, dass die Polizei den Aktivisten dafür Anerkennung zollten.

Sternstein wurde mehrfach für gewaltfreie Aktionen verurteilt. Insgesamt war er deshalb schon acht mal im Gefängnis. Für Sternstein ist es ein wichtiges Element, dass gewaltfreie Aktionen öffentlich geschehen. Dies bezieht für Sternstein Verhaftung, Gerichtsverfahren, Verurteilung und Strafe mit ein.

Eine etwa 30minütige Filmvorführen über das Leben von Sternstein rundete seinen Vortag ab.

Die anschließende Diskussion drehte sich zum einen um den Begriff "Gewaltfreiheit". Gewaltfreiheit steht für Sternstein nicht zwangsläufig im Widerspruch zur Sachbeschädigung. In Büchel wurde ja z.B. der Zaun um das Lager mit einem Bolzenschneider aufgeschnitten.

Ein wesentliches Element für Sternstein stellt der Grund der Sachbeschädigung dar. Atomwaffen sieht er als eine große Gefahr für die Menschheit an. Der Kampf zur Abschaffung der Atomwaffen rechtfertigt diese Sachbeschädigung - zumal Sachbeschädigung keine Sabotage wäre. Sabotage geschähe nicht in der Öffentlichkeit und die Saboteure würden nicht zu ihrer Tat stehen.

Widerspruch erregte der Passus über Kriegsdienstverweigerung. Obwohl Sternstein bei seiner Eröffnungsfrage die Paradoxie der Gewissensprüfung zum Teil hat aufzeigen können, fand er es nicht bedenklich, dass Kriegsdienstverweigerer geprüft werden (sei es schriftlich oder mündlich).

Er wurde vom Publikum darauf hingewiesen, dass es keinesfalls als normal zu betrachten sei, dass diejenigen, die - aus welchen Gründen auch immer - nicht zum Militär wollen, etwas beweisen sollen.

Schließlich sei die Absicht, nicht zum Militär zu wollen, nichts unehrenhaftes. Die sogenannte Gewissensprüfung sei menschenverachtend.

Diesen Überlegungen folgte Sternstein mit Interesse und stimmte schließlich zu.

Sternstein bedankte sich abschließend für die Einladung und die interessante Diskussion. Sowohl Referent als auch die Menschen aus dem Publikum konnten mit neuen Erkenntnissen nach Hause gehen.

Letztes Update: 03.11.2007, 13:06 Uhr