Deutsche Friedensgesellschaft - Vereinigte KriegsdienstgegnerInnen Mainz-Wiesbaden

4. Besuch bei der School of Media Studies in Teheran

Am Eingang der School of Media Studies ist ein Trauerband mit Bildern der beim Absturz der Militärmaschine C 130 in Teheran ums Leben gekommenen JournalistInnen zu sehen, die an diesem Institut in Ausbildung waren. Vom Fenster herunter grüßen uns die Studierenden, die sich offensichtlich sehr auf unseren Besuch freuen.

In einem der Hörsäle kommt es zur ersten Diskussionsrunde. Der Direktor der Schule musste wegen des Flugzeugabsturzes zur Regierung und ist heute nicht da, was uns vermutlich noch mehr Freiheiten gibt.
Drei Studierende, zwei Studentinnen und zwei Studenten, begrüßen uns und geben eine Einführung in die Ausbildung. Ca. 500 Studierende verteilen sich auf die Hauptrichtungen Journalismus, Übersetzung und Fotojournalismus. Wer die Hochschule abgeschlossen hat, hat Zugang zu allen Medien. Die Plätze auf dem Arbeitsmarkt seien allerdings sehr begrenzt.

Eine Studentin bedankt sich, dass wir da sind und betont: "Sie sind Botschafter des Friedens". Besonders bedankt sie sich, dass wir unseren Schmerz über den Tod ihrer KollegInnen zum Ausdruck gebracht haben.

Die erste Frage eines Studenten kommt klar und deutlich: Was hat der Internationale Versöhnungsbund bisher getan, um einen Friedensschluss zwischen Israel und Palästina zu fördern. Wir betonen unsere Zusammenarbeit mit Friedensgruppen auf beiden Seiten, die Unterstützung israelischer Kriegsdienstverweigerer, Einladungen zu gemeinsamen Touren von VertreterInnen der Friedensbewegungen beider Seiten.

Auf die Frage, wieviel Spielräume die Medien insgesamt haben und welche Perspektiven für ihre Arbeit die jungen angehenden JournalistInnen sehen, bekommen wir zur Antwort: Wir wollen die Tatsachen so darstellen, wie sie sind. In keinem Land der Erde gebe es absolute Freiheit für die Medien. Jedes Medium, auch jede einzelne Zeitung, habe ihre eigene politische Haltung.

Breiten Raum unserer Diskussion nimmt der aktuelle Flugzeugabsturz in Teheran ein. Eine Studentin macht die US-Wirtschaftssanktionen für den Tod der mehr als 100 Menschen, darunter viele JournalistInnen, verantwortlich, weil es seit Jahren an Ersatzteilen fehle. Bei der Unglücksmaschine handelte es sich um eine C 130, die Iran von den USA noch vor der Revolution 1979 gekauft hatte. Alle Maschinen seien überaltert, die Wartung äußerst schwierig.

Ein Student bittet uns sehr eindringlich, in den USA den tragischen Tod so vieler Menschen zum Anlass zu nehmen, mit der Forderung nach Aufhebung der Sanktionen in die Öffentlichkeit zu gehen.

Bei der Aufklärung der Bevölkerung seien alternative Medien sehr wichtig. US-Teilnehmer unserer Delegation betonen, wie schwierig es sei, mit FOR-Positionen in die Massenmedien der USA zu kommen.

Wir ziehen um in einen Raum, der voller Computer steht. Statt eines Plenumsgesprächs vereinbaren wir, die restlichen 45 Minuten zum informellen Kleingruppengespräch zu nutzen.
Ein Student klickt sofort die Internetseite von FOR in den USA an und findet unsere Delegation. In diesem Raum sei z.B. auch die deutsche Welle zu empfangen, bei seinem Computer zu Hause sei diese Website geblockt und nicht zu öffnen, teilt uns ein Student mit. Die Studierenden betonen, dass in diesem Raum fast alle Websites weltweit zu öffnen sind.

Nach der Wahl Ahmadineschads seien einige Lehrer gegen konservativere ausgewechselt worden. Der Leitung der Schule seien die schwarzen Kleider der jungen Studentinnen zu kurz- sie tragen sie trotzdem. Dafür seien einige auf Listen erfasst worden, ohne dass dies bisher zu Konsequenzen geführt habe. Auch das weit zurückgeschobene Kopftuch mancher Studentinnen würde immer wieder kritisiert. Die derzeitige Regierung würde von der Mehrheit der Studierenden abgelehnt. Viele JournalistInnen würden einfach ihre Arbeit machen und ansonsten ihren Mund halten, um nicht entlassen zu werden. Das Studium der Übersetzung sei ungefährlicher, weil man sich damit nicht so der Kritik aussetzen würde wie beim Schreiben eigener Artikel.

Einige möchten gerne nach dem Studium auswandern, am liebsten nach Kanada oder nach Europa. Im Schulgebäude hängen im Flur auf allen Etagen Poster mit Friedensslogans, die den Krieg verurteilen.
Weil die nächsten Vorlesungen begannen, mussten wir leider unseren Besuch nach ca. zwei Stunden beenden. Etliche Studierende begleiteten uns noch die Treppe hinunter und winkten unserem Bus noch lange nach.

Letztes Update: 03.11.2007, 13:06 Uhr