Deutsche Friedensgesellschaft - Vereinigte KriegsdienstgegnerInnen Mainz-Wiesbaden

Jan Menning (DFG-VK Mainz-Wiesbaden):

Rede zum Flaggentag

 

Liebe Friedensfreunde und -interessierte, ich freue mich, dass ihr gekommen seid, heute am Flaggentag die Mayors for Peace zu unterstützen und für den Frieden einzutreten. Heute vor 29 Jahren hat der Internationale Gerichtshof in einem Gutachten die Rechtswidrigkeit des Einsatzes von Atomwaffen und der Androhung eines solchen Einsatzes bestätigt. Mein Name ist Jan Menning und ich möchte heute im Namen der DFG-VK einige Gedanken zur aktuellen Situation auf diesem Gebiet äußern.

Leider werden die Vorgaben des Internationalen Gerichtshofs, an die wir hier heute erinnern, seit einigen Jahren zunehmend missachtet. Immer wieder kommt es vor, dass Staatenlenker und hochrangige Politiker andere Länder mit ihrem Atomwaffenarsenal bedrohen. Im Januar 2018 antwortete beispielsweise US-Präsident Trump auf den Hinweis des nordkoreanischen Staatsführers Kim Jong-un, der Atomknopf befinde sich immer auf seinem Schreibtisch, mit dem Tweet, sein Atomknopf sei „noch viel größer“. Zuvor hatte er Nordkorea bereits mit „Feuer und Zorn, wie es die Welt noch nicht gesehen hat“, gedroht. In seiner Rede im Februar 2022 anlässlich des Einmarschs seiner Truppen in der Ukraine drohte der russische Präsident Putin allen, die versucht sein könnten, in die Ereignisse einzugreifen, dies werde „sofort nie dagewesene Konsequenzen haben“. Das war ein unmissverständlicher Hinweis auf den möglichen Einsatz von Atomwaffen. Dieser wurde seitdem in verschiedenen Formulierungen wiederholt. Der CIA veranschlagte die Wahrscheinlichkeit, dass Russland diese Drohung wahrmachen könne, im Herbst 2022 mit 50 Prozent. Damit nicht genug. Der damalige israelische Minister für Kulturerbe Elijahu erklärte im November 2023 in einem Interview, der Abwurf einer Atombombe auf den Gaza-Streifen sei durchaus eine Möglichkeit, denn es reiche nicht aus, die Palästinenser „nur mit dem Tod zu bedrohen“.

Seit dem Gutachten vor 29 Jahren haben das Vertrauen in die Einhaltung des Völkerrechts und die Autorität der Vereinten Nationen erheblich gelitten. Meilensteine auf diesem verhängnisvollen Weg waren die Angriffe auf Jugoslawien, Afghanistan, den Irak, Libyen und die Ukraine. Der Besitz von Atomwaffen erscheint Staaten mit mächtigen Gegnern mittlerweile als verlockende Möglichkeit, potenziellen Angreifern den Wind aus den Segeln zu nehmen. Kürzlich mussten wir zum Beispiel miterleben, wie dem Iran diese Möglichkeit durch einen militärischen Angriff genommen werden sollte. Aber abgesehen davon, dass der Angriff völkerrechtswidrig war – wahrscheinlich hat er das Gegenteil erreicht und nicht nur den Iran, sondern auch andere Länder zu dem Schluss gebracht, dass nur der Besitz von Atombomben sie vor solchen Angriffen schützen kann.

Die Bundesrepublik Deutschland und die EU sind in einer ähnlichen Situation. Angesichts der russischen Atomdrohungen wird nun immer wieder die Forderung nach einem sogenannten „Nuklearschirm“ geäußert, das ist eine verniedlichende Bezeichnung für den Besitz der Atombombe. Hervorgetan haben sich dabei zum Beispiel Joschka Fischer von den Grünen, Katarina Barley von der SPD, Jens Spahn von der CDU und der verteidigungspolitische Sprecher der AfD Lucassen. Dabei ignorieren sie, dass der Atomwaffensperrvertrag, den die Bundesrepublik 1975 ratifiziert hat, und der 2+4-Vertrag, der 1990 den Weg für die deutsche Wiedervereinigung geebnet hat, dem wiedervereinigten Deutschland den Atomwaffenbesitz verbieten. Dieses Verbot ist schon durch die sogenannte „nukleare Teilhabe“ aufgeweicht worden, also die rechtlich höchst fragwürdige Praxis von Staaten wie den USA und mittlerweile auch Russland, Atombomben in verbündeten Staaten zu stationieren. Bezeichnenderweise hat Deutschland den Atomwaffenverbotsvertrag, kurz AVV, der 2017 von 122 Staaten beschlossen wurde, bis heute nicht unterzeichnet. Dieser Vertrag soll die Entwicklung, die Produktion, den Test, den Erwerb, die Lagerung, den Transport, die Stationierung und den Einsatz von Atomwaffen verbieten, ebenso die Drohung damit. Er ist also nichts anderes als die Umsetzung des Gutachtens vor 29 Jahren in geltendes internationales Recht. Bislang sind die Atommächte ihm leider nicht beigetreten. Heute ist der Tag, eine klare Forderung an unsere verantwortlichen Politiker zu richten:

Treten wir nicht dem Club der Atommächte bei, sondern den Unterzeichnern des AVV!

Gehen wir mit gutem Beispiel voran!

Eine atomwaffenfreie Welt ist möglich, doch im Atomkrieg gibt es keine Gewinner!

Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.

Letztes Update: 09.07.2025, 16:50 Uhr