Deutsche Friedensgesellschaft - Vereinigte KriegsdienstgegnerInnen Mainz-Wiesbaden

Schluss mit dem Krieg in der Ukraine!

Asyl für Kriegsdienstverweigerer!

Rede von Dr. Gernot Lennert, Landesgeschäftsführer der DFG-VK Hessen,

beim Mainz-Wiesbadener Ostermarsch 2024, Wiesbaden, Karsamstag, 30. März 2024

Im Eroberungskrieg Russlands gegen die Ukraine wurden Hunderttausende ermordet und verletzt. Millionen sind geflüchtet. Die Menschen in der gesamten Ukraine leben in permanenter Gefahr, von russischen Raketen ermordet zu werden. Für kleine Geländegewinne werden Zehntausende in den Tod geschickt. Es ist ein Abnutzungskrieg. Abgenutzt werden Tag für Tag Menschen.

Der Aggressor Russland kann jederzeit abziehen und diesen Krieg beenden. Das wäre der einfachste und schnellste Weg. Dafür wären noch nicht einmal Verhandlungen oder ein Waffenstillstand nötig. Das ist politisch und völkerrechtlich geboten, aber leider nicht zu erwarten.

Damit der Massenmord so schnell wie möglich aufhört und so viele Menschenleben wie möglich gerettet werden können, sind ein sofortiger Waffenstillstand und Verhandlungen nötig. Jeder Kriegstag kostet Menschenleben und erhöht die Gefahr der Ausweitung und Eskalation des Kriegs zum weltweiten Atomkrieg! Noch nie war die Gefahr eines Atomkriegs so groß wie heute. Die Weltuntergangsuhr, die Doomsday Clock, des Bulletin of the Atomic Scientists, die anzeigt, wie weit die Welt von einem Atomkrieg entfernt ist, steht auf 90 Sekunden vor Mitternacht. Selbst in den gefährlichsten Jahren des Ost-West-Konflikts zeigte sie nie weniger als 2 Minuten vor Zwölf an.

Irgendwann wird es zu einem Waffenstillstand und wenigstens zu einem Einfrieren des Kriegs kommen. Seit März 2023 hat sich die Frontlinie kaum verändert. Alle, die seitdem ermordet wurden, könnten noch leben, hätte man damals einen Waffenstillstand vereinbart. Solange beide Seiten sich noch Vorteile auf dem Schlachtfeld erhoffen, ist kein Waffenstillstand zu erwarten. Russland zeigt sich zu einem langen Krieg bereit. Die ukrainische Regierung und zahlreiche Führungspersonen in NATO-Staaten propagieren eifernd Krieg die Rückeroberung aller besetzten Gebiete, obwohl das illusorisch scheint und russische Truppen sogar wieder vorrücken. Wer überlegen will, wie der Krieg diplomatisch beendet werden könnte, wird äußerst aggressiv attackiert. Andauerndes Massensterben in der Ukraine ohne Aussicht auf Erfolg mit dem Risiko, noch mehr Land an den Aggressor zu verlieren, ist kein überzeugendes Konzept - außer für die Rüstungsindustrie. Diejenigen, die über Krieg entscheiden und ihn am lautesten propagieren, sind äußerst selten diejenigen, die im Krieg sterben müssen.

Ein Waffenstillstand wäre noch kein dauerhafter Frieden. Offen blieben die Zukunft der russisch okkupierten Gebiete, zukünftige Sicherheitsgarantien und der Umgang mit Kriegsverbrechen. Aber ein Waffenstillstand wäre ein Fortschritt. Vieles ist denkbar. Z.B. könnten UN-Truppen in von Russland geräumte Gebiete einrücken. Nötig sind kreative Diplomatie und Vermittlung.

Es gibt Menschen, die nicht auf Regierungen warten, sondern sich dem Krieg verweigern und gegen Krieg Widerstand leisten.

In Russland sind Zehntausende wegen Widerstands gegen den Krieg in Gefängnisse und Straflager gekommen. Andersdenkende werden vom Putin-Regime ermordet, in Russland und im Exil. Eine Million Menschen sind seit Kriegsbeginn aus Russland geflohen, darunter mindestens eine Viertelmillion Militärdienstpflichtige.

Die Ukraine hat das Recht auf Kriegsdienstverweigerung vollständig abgeschafft. Kriegsdienstverweigerer werden zu Gefängnis verurteilt. Männer zwischen 18 und 60 Jahren dürfen das Land nicht verlassen. 325.000 ukrainische Militärdienstpflichtige leben in der EU. Tausende verstecken sich in der Ukraine. Ukrainer erfrieren oder ertrinken bei Fluchtversuchen.

Etwa 22.000 Militärdienstpflichtige haben Belarus verlassen. Die Aussicht auf Verweigerung und Widerstand hat dazu beigetragen, dass das Lukaschenko-Regime nicht in die Ukraine einmarschiert ist. Dazu trägt unsere belarusische, im litauischen Exil ansässige Partnerorganisation Nasch Dom bei, die für Kriegsdienstflüchtlinge aus Belarus Asyl in der EU fordert. Oleg Borschtschewskij (Олег Борщевский) von Nasch Dom setzt sich für ein demokratisches Belarus und gegen den Krieg in der Ukraine ein. Litauen will nun ausgerechnet ihn nach Belarus abschieben, wo ihm sieben Jahre Gefängnis und Folter drohen. Litauen sieht Regime von Russland und Belarus als Bedrohung, aber unsinnigerweise auch die Menschen, die diese aggressiven Diktaturen bekämpfen.
Wir fordern: Keine Abschiebung von Oleg Borschtschewskij!

Die EU insgesamt verhält sich ähnlich wie ihr Mitglied Litauen. Führende Politikerinnen und Politiker der EU und Deutschlands haben sich für Aufnahme russischer Deserteure ausgesprochen. In Deutschland werden die meisten russischen Kriegsdienstflüchtlinge jedoch in den Asylverfahren abgelehnt, vor allem wenn sie klugerweise vorausschauend rechtzeitig vor einer Einberufung geflohen sind, solange sie noch ausreisen konnten. Doch die deutschen Behörden verlangen Einberufungsbescheid oder dergleichen. 2023 wurden in den ersten acht Monaten von 904 behandelten Anträgen nur elf positiv entschieden. Im Februar 2024 ist die Anerkennungsquote gesunken. Die westlichen Staaten, die den russischen Angriffskrieg verurteilen, könnten die russische Kriegsmaschinerie unblutig schwächen, indem sie russische Kriegsdienstflüchtlinge unterstützen. Stattdessen liefern sie Russland das Kanonenfutter für den völkerrechtswidrigen Angriffskrieg, den sie doch angeblich ablehnen. Das ist eine Schande.

Dagegen protestieren über 30 Organisationen in der bevorstehenden Aktionswoche vom 13. bis 19. Mai rund um den Internationalen Tag der Kriegsdienstverweigerung am 15. Mai. Mehr dazu im Friedlicht, das hier verteilt wird.

  • Wir fordern von den Regierungen weltweit: Stellen Sie die Verfolgung von Kriegsdienstverweigerer:innen und Deserteur:innen umgehend ein! Entlassen Sie inhaftierte Kriegsgegner:innen. Erkennen Sie das unveräußerliche Menschenrecht auf Kriegsdienstverweigerung an!
  • Wir fordern von der EU und der Bundesregierung: Öffnen Sie die Grenzen! Geben Sie Kriegsgegner:innen die Möglichkeit der Einreise in die Europäische Union! Schützen Sie Kriegsdienstverweigerer:innen und Deserteur:innen und geben Sie ihnen Asyl!

Und ganz aktuell für Deutschland: Nein zur Reaktivierung der sogenannten Wehrpflicht!

 

Letztes Update: 02.04.2024, 15:31 Uhr