Deutsche Friedensgesellschaft - Vereinigte KriegsdienstgegnerInnen Mainz-Wiesbaden

Rede von WillFried Jaspers, DFG-VK Mainz-Wiesbaden
beim Mainz-Wiesbadener Ostermarsch 2024, Wiesbaden, Karsamstag, 30. März 2024

„Stellt euch nicht auf eine Seite, sondern auf die Seite der Menschen”,

so Alon-Lee Green von der israelischen Friedensorganisation “Standing Together“, die sich für einen Dialog zwischen Israel und Palästinensern einsetzt.

Die besonders emotionale Diskussion über den Krieg in Nahost spaltet in Deutschland die Gesellschaft und die Friedensbewegung.

Die Zivilbevölkerung ist Leidtragende des Kriegs infolge von Politik, die die jeweils eigene Bevölkerung zum Spielball nationaler Interessen macht und auf Krieg setzt.

Kriege erzeugen immer Traumata, die sich über Jahre festsetzen. Diese Traumata werden oft für neue Angriffe instrumentalisiert, sobald man sich militärisch wieder stark genug fühlt, um Rache zu nehmen. “Gewalt führt wieder zu Gewalt”.

Das Massaker, das die Hamas am 7. Oktober 2023 verübte, war von beispielloser Brutalität. Das gezielte Abschlachten nicht nur jüdischer Zivilisten, die Geiselnahmen und der massive Raketenbeschuss führten zu 1200 Toten und 2700 Verletzten. Die Angriffe in den Kibbuzim und beim Nova-Festival bewerten viele als versuchten Völkermord, weil die Hamas laut ihrer Charta die erklärte Absicht hat, das jüdische Volk zu vernichten.

Viele der Opfer waren eher sozialistisch orientierte Menschen. Die Kibbuzim hatten die Menschen in Gaza mit Medikamenten versorgt und ihnen medizinische Hilfe in israelischen Krankenhäusern ermöglicht. Es zeigt sich, dass die Hamas Menschen, die sich für Völkerverständigung einsetzen, als Gegner ansieht. Sie will keine friedliche Nachbarschaft mit Israel, sondern seine Vernichtung.

Auf jüdischer Seite war man enttäuscht von der fehlenden Solidarität im linken kulturellen, akademischen und politischen Milieu und auch in der Friedensbewegung. Man vermisste große Solidaritätsdemonstrationen wie nach dem Anschlag auf Charlie Hebdo und nach 9/11. Dafür wurde das Massaker als Aktion einer Befreiungsbewegung gefeiert, und es gab dröhnendes Schweigen und sofort eine „Ja-aber-der-Siedlungsbau“-Kontextualisierung. Eine solche Kontextualisierung als Reaktion auf einen Terrorakt, so Omri Boehm, ein israelisch-deutscher Philosoph, stellt eine Relativierung der Verbrechen dar!

Wir müssen das Leid aller Menschen im Blick behalten!
Doch laut Omri Boehm müssen wir jedoch bei der Suche nach einer politischen Lösung, die Ursachen des Konflikts sofort hervorholen.

Die seit einem Jahrhundert andauernde Spirale der Gewalt, darunter der Angriff arabischer Staaten aufs neu gegründete Israel, die als Nakba bekannte Vertreibung der palästinensischen Bevölkerung und heute Besatzung und völkerrechtswidriger Siedlungsbau, muss ein Ende nehmen!

Nur die Versöhnung der Menschen beider Völker kann einen dauerhaften Frieden bringen!

Drei Wochen nach dem Massaker der Hamas hat Israel seine Bodenoffensive gestartet, um die militärischen Strukturen der Hamas zu zerstören, während der Beschuss Israels durch Raketen der Hamas anhielt. Dass die Hamas die Bevölkerung als menschliche Schutzschilde nutzt, rechtfertigt weder rechtlich noch moralisch, Menschenleben in Kauf zu nehmen.

Israels Kriegführung mit zehntausenden zivilen Opfern ist gemäß dem Kriegsvölkerrecht unverhältnismäßig! - Auch Israel ist als Besatzungsmacht für das Leben der Menschen im Gazastreifen verantwortlich!
Für uns stellt sich allerdings die Frage: Sollen wir Israel raten, sich allein auf seinen Abwehrschild Iron Dome oder gar den Grenzzaun zu Gaza verlassen?
Das muss jeder für sich selbst beantworten.

Die israelische Friedensbewegung ist sich einig, dass der Krieg das Ergebnis der Politik Netanjahus ist. Er habe den Konflikt im Gazastreifen lediglich verwaltet und die Hamas instrumentalisiert, um die PLO zu schwächen und um mit Siedlungen im Westjordanland jegliche Friedenslösung zu torpedieren.

 „Standing Together“ sagt: „Israels Politik, alle paar Jahre zu versuchen, die militärischen Fähigkeiten der Hamas zu zerstören, hat nur dazu geführt, dass die Hamas stärker geworden ist.“

Der menschenverachtende Tunnelbau der Hama unter Wohngebieten und Krankenhäusern stellt ein Kriegsverbrechen dar. Durch das Tunnelnetzwerk wurden Raketen und Waffen nach Gaza hereingeschmuggelt. Über Jahre wurden zigtausend Raketen auf Israel abgefeuert. Nur die Hamas-Kämpfer sind in den Tunneln geschützt. Die Hamas liefert die Bevölkerung schutzlos den Angriffen der israelischen Armee aus. Tunnelbau und Raketenrüstung müssen Millionen gekostet haben.
Dieses Geld hätte die Hamas zur Verbesserung des Lebens in Gaza verwenden können!

Die Hamas hat zynisch einkalkuliert, dass Israel nach dem Massaker angreifen würde und Zehntausende sterben würden, wovon sich die Hamas politischen Profit erwartet. Sie betrachtet ihre Bevölkerung als Märtyrer in ihrem Kampf gegen Israel.

Der Hamas-Führer Ghazi Hamad sagte am 24. Okt. 2023 im libanesischen LBC: "Wir werden als Nation der Märtyrer bezeichnet und wir sind stolz darauf, Märtyrer zu opfern."  

Und das soll eine Befreiungsbewegung sein? Seit wann werden Menschen befreit, wenn sie massenhaft ermordet werden, unter grauenhaften Bedingungen hungern und um ihr Leben fürchten müssen?

Indem Israel ihrem Plan folgt, nützt es allerdings der Hamas und schadet sich selbst!

Die deutsche Bundesregierung hat beschlossen, Israel durch Waffenlieferungen zu unterstützen. Doch die Bevölkerung im zerstörten Gaza-Streifen lebt in ständiger Angst und leidet derzeit unter Hunger. Egal ob der Krieg als Genozid eingestuft wird: Jedes Menschenleben ist von unschätzbarem Wert. Die Lieferung von Waffen erhöht die Zahl der Toten.

Wir sagen: Stoppt das Töten!
Wir fordern: Keine Lieferung von Waffen!

Es gibt nicht nur die Zwei-Staaten-Lösung: Der oben zitierte israelische Philosoph Omri Boehm z.B. schlägt einen gemeinsamen Staat Palästina vor: Ein Land für zwei Völker in einer Konföderation. Er sagt, Zitat: „Zionismus ist nicht vereinbar mit humanistischen Werten.“ Also zwischen dem jüdischen und einem demokratischen Staat bestehe ein Widerspruch.
Voraussetzung für seine Utopie ist allerdings die Anerkennung und Aufarbeitung der aneinander begangenen Verbrechen. Soweit kurz seine Vision, die als Alternative nicht aus dem Blick geraten sollte. Wichtig ist bei jeder der vielen denkbaren Lösungen, dass für alle Menschen Menschenrechte, Freiheit und Sicherheit gewährleistet werden.

Alon-Lee Green von Standing Together sagt, klar sei: „Die Palästinenser verdienen die Freiheit, die Israelis verdienen Sicherheit.“

Unsere besondere Solidarität gilt allen in Israel und Palästina, die sich für Frieden einsetzen und den israelischen Kriegdienstverweigerinnen und Kriegsdienstverweigerern, die sich auch jetzt trotz Hass und Gewalt dem Krieg verweigern und dafür Haftstrafen in Kauf nehmen.

Sofortige bedingungslose Freilassung der Geiseln!
Schluss mit dem Krieg im Gaza-Streifen!
Schluss mit der mörderischen Besatzung durch Israel!
Schluss mit der mörderischen islamistischen Terrorherrschaft der Hamas!

 

Letztes Update: 03.04.2024, 13:28 Uhr