Deutsche Friedensgesellschaft - Vereinigte KriegsdienstgegnerInnen Mainz-Wiesbaden

Ein Bündnis Mainzer Parteien hatte für Sonntag, 20. März 2022 zur Kundgebung gegen den Ukraine-Krieg eingeladen. Der Aufruf Stoppt den Krieg! Frieden für die Ukraine und ganz Europa! von der Kundgebung am 6. März 2022 wurde dafür übernommen.

Neben Parteien kamen auch attac und die DFG-VK zu Wort. Für die DFG-VK sprach Veronika Gielow. Zuvor sang ihre Tochter Elisabeth eine Strophe des Liedes "Wozu sind Kriege da?, instrumentell begleitet von Rüdiger Schilp.

 

Rede von Veronika Gielow (DFG-VK Mainz-Wiesbaden)

bei der Kundgebung
Stoppt den Krieg! Frieden für die Ukraine und ganz Europa!

am 20. März 2022 in Mainz

Lied von Elisabeth und Rede von Veronika Gielow als Video, 10:06 min

Vor zwei Jahrzehnten war ich in der Münchner Friedensgruppe Arbeitskreis Tschetschenien aktiv. Wir versuchten verzweifelt, über die Grausamkeiten von Putins Krieg gegen Tschetschenien aufzuklären. Die Journalistin Anna Politkowskaja von der russischen Zeitung Nowaja Gaseta, die sich unermüdlich für Frieden in Tschetschenien einsetzte und Putin auf härteste Weise kritisierte, war unsere wichtigste Informationsquelle. Dann wurde sie von Unbekannten ermordet, wie so viele Kremlkritiker*innen vor und nach ihr. Sie wurde erschossen, als sie vom Einkaufen nach Hause kam. Sie hinterließ zwei Kinder im Teeniealter.

Ich habe die ganzen letzten Jahre mit Schaudern beobachtet, wie Putin weiter und weiter an der Macht blieb.
Als er in den letzten Tagen und Wochen vor Kriegsausbruch seine Kriegsdrohungen ausstieß, habe ich das sehr ernst genommen und doch gehofft, dass es anders kommt.

All dies, die Kriege Putins, seine Unterdrückung der Freiheit und Manipulierung der Wahlen und die Ermordung von Kritiker*innen wurde vom Westen, auch von Deutschland, weitgehend ignoriert.

Ich bin darüber wahnsinnig wütend. Wütend, dass man die Augen verschlossen hat angesichts der Kriege und Menschenrechtsverstöße Putins . Man hat trotzdem weiter Handel getrieben und dabei Profite gemacht, trotz der zunehmenden Einschränkung der Grundrechte und der aggressiven Außenpolitik. Man hat auch nicht ernsthaft über eine andere Politik verhandelt, die allen Seiten Sicherheitsgarantien gibt.

Aber auch westliche Staaten haben völkerrechtswidrige Angriffskriege geführt. Der Irakkrieg wurde mit einer Kriegslüge gerechtfertigt. Die USA, Bush und Powell, behaupteten, Saddam Hussein hätte Massenvernichtungswaffen und deshalb müsse man den Krieg beginnen. Es war vorher schon bekannt, dass es keine Massenvernichtungswaffen gab. Die US-Waffeninspekteure waren ja im Irak auf der Suche und wurden nicht fündig. Und nun haben wir einen Flächenbrand seit langem.

Und auch in Afghanistan ist die Militärlogik jüngst gescheitert.
In Afghanistan hat auch die NATO kein besonders gutes Bild abgegeben. Statt stabile Staatsstrukturen aufzubauen gab es Korruption und Vetternwirtschaft. Dann zogen die USA überstürzt ab und wir hinterließen den Taliban Unmengen von deutschen(!) und US-amerikanischen Waffen und Militärfahrzeugen. Warum hat man die nicht zerstört? Auch hier mag Putin gelernt haben.

Die westlichen Staaten und die NATO haben vorab auch keine ernsthaften Versuche unternommen, die sich seit Jahren drehende Eskalationsspirale zu stoppen, aber nichts rechtfertigt den Angriffskrieg Putins.

Alle Warnungen aus der Friedensbewegung, alle Forderungen, eine gesamteuropäische gemeinsame Sicherheitsarchitektur unter Einschluss Russlands aufzubauen, sind von der NATO nicht genug berücksichtigt worden.

Aktuell sieht man, dass Waffen keinen Frieden bringen. Putin kann trotz der NATO tun, was er will. Die NATO kann jetzt gar nicht angreifen, die Waffen, die sie ja besitzt, bringen nichts, ein Weltkrieg oder gar Atomkrieg könnte bekanntlich die Folge sein.

Immer wieder kann man lesen, dass es eine Lüge ist, dass die Bundeswehr kapputtgespart sei. 100 Milliarden für die Bundeswehr und 2% des Bundesinlandsprodukts für Rüstung sind Steuergeldverschwendungswahnsinn. Das Geld sollte für echte Sicherheitspolitik eingesetzt werden und in die Entwicklungszusammenarbeit, den Klimaschutz, Bildung, Gesundheit und Soziales fließen. Wir brauchen eine weitsichtige wirkliche Friedenspolitik. Nur diese schafft Sicherheit.

Wir sind solidarisch mit allen, die den Kriegsdienst verweigern. Wir unterstützen Deserteur*innen und Kriegsdienstverweigerer aus Russland, Belarus und der Ukraine und in aller Welt. Wir unterstützen die russischen Soldatenmütter, eine russische Friedensorganisation, die sich gegen Krieg und Kriegsdienst einsetzt und andere Mütter russischer Soldaten berät, die Angst um ihre Kinder haben. Wir unterstützen die Anti-Kriegs-Demonstrationen in Russland. Wir unterstützen wohlüberlegte Sanktionen gegen Putins Russland, um Druck auf den Machtapparat Putins aufzubauen. Wir erinnern auch an Menschen, die nicht mitentscheiden können, ob um jeden Preis den russischen Soldaten gegenüber militärisch Widerstand geleistet wird und weiter gekämpft wird oder nicht, wie zum Beispiel Kinder.

Wir sind für eine gänzlich neue Form der Außenpolitik. Weltweit abrüsten. Früherkennung von Konflikten ernst nehmen. Konflikte bearbeiten. Verhandeln statt schießen. Die Geschichte analysieren, damit sich Fehler nicht wiederholen. Diktatoren nicht durch Handel unterstützen oder sie aufrüsten wie bisher. Stattdessen auf Augenhöhe fairen Handel treiben und dabei Demokratie und Rechtsstaatlichkeit durch Anreize fördern und belohnen und die Armut weltweit bekämpfen, um Kriege im Vorfeld zu verhindern. Rassismus bekämpfen, niemanden vergessen, auch die Gewalt gegen Tiere nicht. Nirgends wegschauen. Insgesamt braucht es ein Umdenken, eine neue Haltung, weg von der Logik der Gewalt.

Und auch die Klimakrise gilt es anzugehen, nicht nur weil dadurch weitere Kriege drohen.
Putin ist ganz klar Aggressor. Aber nun ist das einzig Vernünftige und Wichtige,  dass die Kriegshandlungen sofort stoppen, irgendwie, und von keiner Seite weiter befeuert werden, damit es kein weiteres Blutvergießen gibt. Jeder weitere Tote/jede weitere Tote ist eine zu viel.

 

Reden, Bilder und Video von vorherigen Kundgebungen und Demonstrationen gegen den Ukraine-Krieg in Mainz:

Demonstration NEIN zum Krieg! JA zum Klimaschutz! 11. März 2022 mit Video von der Abschlusskundgebung

Kundgebung Stoppt den Krieg! Frieden für die Ukraine und ganz Europa! 6. März 2022 mit Rede von Dr. Gernot Lennert (Landesgeschäftsführer DFG-VK Rheinland-Pfalz)

Kundgebung Russischer Angriffskrieg gegen die Ukraine: Den Krieg stoppen – Waffen nieder! 26. Februar 2022 mit Rede von Uta Binz (DFG-VK Mainz-Wiesbaden)

Reden, Videos und Bilder von Kundgebungen und Demonstrationen gegen den Ukraine-Krieg in Rheinland-Pfalz und Hessen

 

 

Letztes Update: 28.03.2022, 10:54 Uhr