Deutsche Friedensgesellschaft - Vereinigte KriegsdienstgegnerInnen Mainz-Wiesbaden

Schluss mit dem Versuch der Erneuerung der Militarisierung unserer Gesellschaft

Bundeswehr raus aus Afghanistan

Kein Krieg

Rede beim Protest gegen Krieg am 09.09.09

Der so genannte Luftschlag der Nato in Afghanistan letzte Woche kostete offenbar über 100 Men-schen das Leben. Dieser kriegerische Einsatz wurde von der Bundeswehr verantwortet. Gestern gab die Kanzlerin eine Erklärung dazu ab. Sie bat von Vorverurteilungen abzusehen. Der Vorfall werde untersucht. In das gleiche Horn bliesen Bundespräsident und  Außenminister. Bei seinem Wahlkampfauftritt gestern Abend in Mainz erwähnte Steinmeier den Vorfall nicht mehr. Die Medien drehen sich um 180°. Während sie am Wochenende und Montag noch den Afghanistankrieg kri-tisch hinterfragten, ohne seine Berechtigung total in Frage zu stellen, steht heute der ganze Blätterwald hinter der Bundesregierung. Mit „alles wäre nur Vorverurteilung“, bestätigen sie die deu-tsche Kriegspolitik und wollen abwarten.

Am gleich Tag, ebenfalls gestern, wurde in Berlin ein Ehrenmal für Angehörige der Bundeswehr errichtet. Das Ehrenmal erinnert an 3100 Bundeswehrangehörige, die seit Bestehen der Armee im Dienst ums Leben kamen. Die Medien berichten darüber anerkennend achtungs-  bis hochach-tungsvoll, als hätte es diesen menschenverachtenden Luftschlag der gleichen Bundeswehr letzte Woche nicht gegeben. Die verstümmelten Menschen, die den Einsatz überlebt haben, werden selbstredend nicht gezählt.

Zunächst zurück zur Regierungserklärung von Frau Merkel am gestrigen Tag. Sie will aufklären lassen. Wer soll aufklären? Dafür ist eine deutsche Staatsanwaltschaft und die Polizei zuständig. Was sollen sie aufklären? Aufgeklärt werden soll die Moral der Toten. Überspitzt formuliert muss eine deutsche Staatsanwaltschaft zum einen radikalislamistische Taliban-Leichen und zum an-deren unschuldige afghanische Zivilisten-Leichen zählen. Geht das? Wie will man bei den Toten unterscheiden wer „gut“ oder „böse“ war, solange er noch lebte? Sehen Leichen gut oder böse aus? An einem solchen Punkt setzt Kritik an Krieg an. Denn in Kriegen werden immer „böse“ Menschen getötet. Bereits im Dreißigjährigen Krieg war das die herrschende Kriegsmoral. Für die Einen waren die Katholiken böse und für die Anderen die Evangelischen. Der Krieg in Afghanistan wird „humanitärer Einsatz“ genannt. Was ist humanitär an einem Krieg, beim Töten von Men-schen? - Töten von Menschen ist eindeutig ein Verbrechen und Krieg ein Verbrechen an der Menschheit. In keiner Weise darf Krieg eine Fortsetzung der Politik mit anderen Mitteln sein.

Ich erwähnte es bereits, gestern wurde ein Ehrenmal für ums Leben gekommene Bundeswehr-angehörige eingeweiht. Ich frage, wieso gerade jetzt? Die Bundeswehr gibt es seit über 50 Jahren. Während des Kalten Krieges, als die Bundesrepublik noch kleinere BRD und DDR war, geteilt, und der Nationalstaat Deutschland noch keine volle Souveränität hatte, hätte niemand an eine solche Ehrung gedacht. Vielleicht erinnern sich einige von Ihnen noch an die  Starfighterabstürze in den 1960er und 70ern. Dabei kamen viele Piloten ums Leben. Allein 1965 waren es bei 27 Abstürzen 17 Tote. Diese Piloten zählen jetzt zu den im Dienst ums Leben gekommenen Bundeswehrange-hörigen. Nicht im Traum hätte damals jemand daran gedacht, ihnen  mit einem Ehrenmal zu ge-denken. Und wieso jetzt? Nach 44 Jahren? Es gibt einen Grund das Denkmal gerade jetzt zu errichten. Ich behaupte zusammen mit anderen Neuerungen ist das Teil eines erneuerten deu-tschen Militarismus. Ein Versuch, die deutsche Bevölkerung von einer Notwendigkeit von welt-weiten Kriegseinsätzen zu überzeugen. Tagaus, tagein wird von Politikern geklagt, die Gesell-schaft würdige den „schweren Einsatz der deutschen Soldaten“ nicht ausreichend. Was da geschieht, ist Remilitarisierung.

Noch drei Beispiel für den Versuch einer Remilitarisierung der bundesdeutschen Gesellschaft.

  • Anfang Juli, erst vor zwei Monaten, hat Verteidigungsminister Jung vier Soldaten der Bundeswehr öffentlichkeitswirksam mit einer Tapferkeitsmedaille ausgezeichnet. Der Orden wurde letztes Jahr neu gestiftet.
  • Getöte Soldaten werden regelmäßig mit martialischen Ritualen, wie Ehrenspalier der Kameraden und blumengeschmückten Panzern als Leichenwagen aus ihren Kriegsstand-orten verabschiedet. Diese Bilder werden über das Fernsehen in die deutschen Wohnzim-mer gesendet.
  • Auch ungefähr vor zwei Monaten ehrte Verteidigungsminister Jung zwei in Afghanistan getötete Soldaten mit den Worten, es seien „echte Patrioten“ gewesen. Ich frage mich was ist der Unterschied zwischen echten Patrioten und echten Helden?

Der Versuch einer Erneuerung der Militarisierung der bundesdeutschen Gesellschaft ist abscheulich.

Wir rufen den so genannten „verantwortlichen Politikern“ zu:

„WIR BRAUCHEN KEINE REMILITARISIERUNG DER DEUTSCHEN GESELL-SCHAFT, UM EURE KRIEGE ZU LEGITIMIEREN. ZIEHT DIE BUNDESWEHR AUS AFGHANISTAN AB. WIR BRAUCHEN KEINEN KRIEG, DENN KRIEG IST EIN VERBRECHEN.“

Deutsche Friedensgesellschaft-Vereinigte KriegsdienstgegnerInnen Mainz

V.i.S.d.P.: H.Ripper, DFG-VK Mainz, Martinstraße 2, 55116 Mainz

Letztes Update: 11.09.2009, 11:29 Uhr